Thermische Abfallbehandlung
Begriffsdefinitionen
Verbrennung
Die Verbrennung ist ein Vorgang, bei der organische Ausgangsstoffe mit dem Sauerstoff der Luft unter Freisetzung von Wärme unter Bildung von Kohlendioxid und Wasser reagieren. Technisch gesehen erfolgt die Verbrennung von Abfällen z.B. in einer Müllverbrennungsanlage in mehreren hintereinander ablaufenden Teilschritten:
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Trocknung
Durch die Erwärmung bis auf 100 oC wird dem feuchten Abfall das Wasser entzogen. Die Umwandlung des im Abfall enthaltenen Wassers in Wasserdampf verbraucht viel Wärmeenergie (2.257 kJ/kg Wasser). Was im Falle der Müllverbrennung von Nachteil ist, macht sich die Feuerwehr zu Nutze. Durch die hohe Verdampfungswärme ist Wassers ein gutes Löschmittel. Durch die Verdampfung von Wasser kann man von einem Brandherd Wärmeenergie abführen. Abfälle mit einem hohen Wassergehalt wie z.B. Biomüll ist daher von der Verbrennung fernzuhalten und über die Kompostierung einer stofflichen Verwertung zuzuführen.
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Entgasung
Bei weiterer Erwärmung bis zu 250 oC werden flüchtige Verbindungen ausgetrieben, es kommt es zur Bildung von Schwelgasen, die auch toxische aromatische Kohlenbwasserstoffverbindungen enthalten. Als feste Rückstände fallen Koks und mineralische Reststoffe an.
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Vergasung
Bei weiterer Erwärmung auf etwa 600 oC wird der aus dem Entgasungsprozeß zurückgebliebener feste Kohlenstoff (Koks) mit dem vorhandenen Wasserdampf und Kohlendioxid (CO2) zu dem brennbaren Gas Kohlenmonoxid (CO) umgesetzt.
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Verbrennung
Bei einer Tempeartur von über 800 oC werden die durch Entgasung und Vergasung entstandenen brennbaren Gase durch Reaktion mit dem Sauerstoff aus der Verbrennungsluft zu Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O) umgesetzt. Bei einer vollständigen Verbrennung (ausreichende Zufuhr von Sauerstoff!) wird die im Abfall enthaltene Energie in Wärme freigesetzt.
Schadstoffe
In einer Müllverbrennungsanlage laufen die einzelnen Teilschritte von der Trocknung bis zur eigentlichen Verbrennung nebeneinander im Verbrennungsraum ab. Um eine vollständige Verbrennung zu gewährleisten, werden Abfälle unter Sauerstoffüberschuß verbrannt. Nachdem die Luft etwa nur zu 21% aus Sauerstoff und zu 69% aus Stickstoff besteht, werden pro Tonne Müll etwa 4.000 m3 Luft zur Verbrennung benötigt. Durch die Verbrennung werden die im Abfall enthaltenen
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organischen Schadstoffe (z.B. Dioxine, Furane, polychlorierte Verbindungen, aromatische Verbindungen usw.) zerstört
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flüchtige anorganische Schadstoffe (wie z.B. Quecksilber, Chlor, Fluor, Schwefel) mittels Rauchgasreinigung gezielt erfaßt, chemisch gebunden und für weitere Verwertungsmaßnahmen aufbereitet oder schadlos entsorgt (Schwefel in Form von Gips, Quecksilber als metallisches Quecksilber, Chlor in Form von Salzsäure).
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nicht flüchtige anorganische Schadstoffe (wie z.B. Blei, Zink, ) in die Schlacke eingebunden, die durch entsprechende Nachbehandlung als Bauzuschlagstoff verwertbar wird oder gemäß den Vorgaben der Deponieverordnung ablagerbar wird.
Durch die Abfallverbrennung wird das Ausgangsvolumen der Abfalle um etwa 90% verringert, wodurch vorhandenen Deponiekapazitäten um den Faktor 10 verlängert werden können. Eine Deponie mit einer Restlaufzeit von nur mehr 5 Jahren könnte somit bei thermischer Vorbehandlung der selben Abfallmenge ihre Restlaufzeit auf 50 Jahre verlängern!
Pyrolyse
In der Abfallentsorgung haben Pyrolyseverfahren für Hausmüll oder andere Massenabfälle bisher keine besondere Bedeutung erlangt, obwohl - vor allem in den 70er-Jahren - große Erwartungen in diese Verfahren gesetzt wurden. Als Vorteil sah man vor allem die Möglichkeit, "chemisch gebundene Energie" in speicherbares Pyrolysegas umzusetzen und auch Chemierohstoffe aus z.B. Kunststoffabfällen gewinnen zu können.
Obendrein sind bei der Reinigung von Pyrolysegasen erheblich geringere Gasvolumina zu reinigen als nach der Abfallverbrennung. Die Pyrolyse hat sich als Verfahren bisher so gut wie ausschließlich für Monoabfälle, z.B. Autoreifen, durchgesetzt. Zur Zeit gewinnt sie wieder verstärkt an Interesse, da eine Trennung von Mischungen aus organischen chemischen und metallischen Stoffen in einer solchen Weise möglich ist, dass die Metalle leichter aufgearbeitet werden können.
Die Pyrolyse wird als selbständiges Verfahren eingesetzt. In verschiedenen Verfahren ist sie ein Teilschritt, der in einem gesonderten Apparat abläuft.
Begriff: Mit Pyrolyse wird ein Vorgang über das Verfahren zur thermischen Behandlung von organischen Stoffen unter Ausschluss von Vergasungsmittel oder Luft bezeichnet. Im internationalen Sprachgebrauch hat sich für den Begriff der Entgasung der Ausdruck Pyrolyse durchgesetzt, obwohl dieser strenggenommen nur den chemischen Vorgang bei der Umformung kennzeichnet. In der chemischen Verfahrenstechnik sind solche Prozesse unter der Bezeichnung trockene Destillation, thermisches Cracken, Schwelung oder Verkokung seit langem bekannt, jedoch sind diese Verfahren nur in geringem Maße auf inhomogene Abfallgemische übertragbar.
Mechanismen: Je nach Aufbau der Moleküle beginnt der Pyrolyse-Vorgang bei verschiedenen Temperaturen. Der Verlauf der chemischen Reaktionen bei der Entgasung kann gezielt beeinflusst werden, da er von vielen Parametern abhängig ist. Die quantitative Verteilung und die qualitative Zusammensetzung der Produkte werden von folgenden Faktoren bestimmt:
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vom Einsatzmaterial hinsichtlich seiner chemischen Zusammensetzung dem Wassergehalt sowie der Partikelgröße,
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von den Betriebsbedingungen wie Entgasungsendtemperatur, Aufheizrate, Verweilzeit, Gasatmosphäre, Druck und Anwesenheit katalytisch wirkender Stoffe,
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vom Reaktortyp, in dem die Reaktion stattfindet, wie z.B. Wirbelschicht-, Drehrohr- oder Schachtreaktor.
Druck- und Temperatureinfluss: Allgemein lassen sich die Aussagen treffen, dass mit steigendem Druck die Spaltung der Kohlenwasserstoffmoleküle symmetrischer wird und die Spaltstelle mit steigender Temperatur an das Molekülende rückt, so dass eine Bildung von gasförmigen Kohlenwasserstoffen und schließlich Wasserstoff begünstigt wird. Mit steigender Temperatur werden zunehmend stärkere Bindungen gelöst. In Abhängigkeit von der Temperatur sind deshalb unterschiedliche Ausbeuten der Pyrolyseprodukte Pyrolysegas, Pyrolyseöl und fester Rückstand (Pyrolysekoks) zu erhalten.
Anwendung: Pyrolyseverfahren werden in der Abfallverwertung eingesetzt, organische Stoffe in Stoffgemischen in eine Gas- und eine Feststofffraktion zu zersetzen, ohne dabei die hohen Temperaturen die bei der Verbrennung herrschen, einzusetzen.
Kunststoffpyrolyse: Durch die unterschiedlichen Zerfallsmechanismen und -geschwindigkeiten und insbesondere deren unterschiedliche Temperaturabhängigkeit ist theoretisch eine Auftrennung der verschiedenen Kunststoffe in verschiedene Fraktionen durch temperaturprogrammierte Pyrolyse möglich. Dies war ein großer Anreiz, aus Kunststoffen durch Pyrolyse gezielt Chemierohstoffe zu gewinnen. Dies hat sich allerdings auf Grund einer Vielzahl unerwünschter Nebenprodukte bisher nicht in einfacher Form realisieren lassen.
Nebenprodukte: Die Pyrolyse zielt in ihrem ursprünglichen Ansatz, wie die Hydrierung auch, auf die Gewinnung von Chemierohstoffen z.B. für die erdölverarbeitende Industrie ab (syncrude). Hierbei ist die Lagerfähigkeit der flüssigen Produkte von Vorteil. Bedingt durch die Abwesenheit von überschüssigem Sauerstoff herrscht während der Reaktionen eine reduzierende Atmosphäre vor. Aufgrund dieser reduzierenden Reaktionsbedingungen werden die im Einsatzmaterial eventuell enthaltenen Problemstoffe wie Chlor-, Schwefel-, Sauerstoff- oder Stickstoffverbindungen zu den entsprechenden Wasserstoffverbindungen umgesetzt.
Aus dem gleichen Grunde ist auch die Bildung von Dioxinen und Furanen ausgeschlossen. Der Vorteil der Pyrolyse gegenüber der Verbrennung liegt in einer Reduzierung des Volumens der Spaltgase um den Faktor 5-20 in bezug auf die Rauchgase der Verbrennungsanlagen. Außerdem liegen die Schadstoffe im Pyrolysegas in Form auswaschbarer Komponenten wie HCl, HF, HBr und H2S vor. Daher sind die Aufwendungen für die Abgasreinigung geringer.
Energiebilanz: Die Pyrolyse ist zwar insgesamt ein endothermer Prozess, jedoch kann ein Teil der erforderlichen Energie durch das erzeugte Pyrolysegas gedeckt werden. Bei einer gezielten Entfernung von gasförmigen und kondensierbaren Schadstoffen ist die Pyrolyse ein umweltfreundliches Verfahren.
DI Erich Gungl, A14-Abfallwirtschaft und Nachhaltigkeit, Telefon: (0316) 877-4328
Letzte Aktualisierung am 18. Februar 2015