Hausmüllähnliche Gewerbeabfälle - Getrennte Wege?
Sammlung und Behandlung von Siedlungs- und ähnlichen Gewerbeabfällen!?
Gemeinsame oder getrennte Sammlung?!
Die Frage, ob (hausmüll)ähnliche Gewerbe- und Industrieabfälle gemeinsam mit Abfällen aus privaten Haushalten („Siedlungsabfälle") gesammelt und behandelt werden sollen, wird auch in der Steiermark vorrangig über die Begriffsbestimmungen des Abfallrechts diskutiert.
Insbesondere bei der Sammlung und Behandlung von gewerblichen Abfallgemischen wird bereits aufgrund der Zuordnung zur SNr 91101 mit der Abfallbezeichnung "Siedlungsabfälle und ähnliche Gewerbeabfälle" eine Andienungspflicht an die Gemeinden abgeleitet. Ob die Zusammensetzung dieser Abfallgemische tatsächlich denen aus privaten Haushalten entspricht und ob für diese die gleichen Behandlungserfordernisse bestehen, konnte bisher nur in aufwändigen Einzelbeurteilungen geklärt werden. Es fehlten bisher naturwissenschaftlich-technische Kriterien zur systematischen Beantwortung dieser Fragestellungen.
Zur Entwicklung von naturwissenschaftlich-technischen Kriterien zur systematischen Beurteilung von Abfallgemischen aus Industrie- und Gewerbebetrieben wurde von der FA19D gemeinsam mit der privaten Entsorgungswirtschaft die Erstellung einer Studie an die Technische Universität Wien, Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft in Auftrag gegeben.
Die Studie zum Herunterladen
Die vorliegende Studie ermöglicht die Zuordnung bestimmter Gewerbe- und Industrieabfälle zu Behandlungsverfahren unter naturwissenschaftlich-technischen Gesichtspunkten. Daraus werden Handlungsempfehlungen für eine zielorientierte Bewirtschaftung dieser Abfälle in der Steiermark hergeleitet.
Studie "Kriterien zur Trennung von Siedlungsabfall aus Industrie und Gewerbe als Voraussetzung zur Zuordnung zu Behandlungsverfahren - KRIGEZ"
Ergebnisse aus der Studie
- Die Menge an hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen (betrieblicher Restmüll) wurde in der Steiermark mit ca. 115.000 Tonnen/Jahr abgeschätzt, wobei bereits derzeit ca. 80% getrennt von gemischten Siedlungsabfällen aus Haushalten (kommunaler Restmüll) gesammelt werden.
- Die Bilanzierung des kumulierten Energieaufwandes (KEA) und des Treibhauspotenzials (THP) ergab für Szenarien, die von einer getrennten Sammlung und Behandlung zumindest eines Teils des betrieblichen Restmülls ausgehen, die größten Gutschriften.
Methodik zur Bewertung
Der KEA stellt einen Kennwert für den energetischen Ressourcenverbrauch bzw. für die Ressourcenschonung dar; das THP wird in CO2-Äquivalenten angegeben dabei wird dem Treibhauspotential von CO2 der Wert 1 zugeordnet. Die Bewertung mittels des kumulierten Energieaufwandes (KEA) und des Treibhauspotentials (THP) bezieht den gesamten Lebenszyklus der bilanzierten Güter mit ein.
Kumulierter Energieaufwand (KEA):
Die Gutschriften für die thermische Verwertung werden anhand der jeweiligen Anlagenwirkungsgrade, gemessener Heizwerte für die erzeugten Brennmaterialien und unter der Annahme, dass durch die Nutzung der Sekundärbrennstoffe Steinkohle ersetzt wird, ermittelt.
Treibhauspotential (THP):
Die Ermittlung der freigesetzten Menge treibhausrelevanter Gase erfolgt mit Indikatorwerten zur Bilanzierung der indirekten Emissionen im Zuge der einzelnen Behandlungsszenarien. Die direkten Emissionen werden für jedes Szenario basierend auf den ermittelten Güter- und Kohlenstoffflüssen abgeschätzt.
Szenarien
- Status Quo (A0): Derzeitige Sammel- und Behandlungspraxis für hausmüllähnliche Gewerbeabfälle (betrieblicher Restmüll) in der Steiermark.
- Szenario A1: Zuordnung des gesamten bereits derzeit getrennt gesammelten Gewerbemülls zur getrennten Behandlung in einer Splittinganlage.
- Szenario A2 „gemeinsame Behandlung": Sammlung des gesamten hausmüllähnlichen Gewerbeabfalls als Teil des kommunalen Restmülls und Behandlung in einer mechanisch/biologischen Anlage.
- Szenario B1: Szenario A1 mit anderer („heizwertarmer") Abfallzusammensetzung.
- Szenario B2 „gemeinsame Behandlung": Szenario A2 mit anderer („heizwertarmer") Abfallzusammensetzung.
Zusammenfassung der Szenarien (Mengen in t/Jahr):
Szenario |
Sammlung in [t/Jahr] |
Behandlung in [t/Jahr] |
||
Kommunal |
Privat |
Splittinganlage |
MBA |
|
Status Quo (A0) |
25.000 |
90.000 |
70.000 |
45.000 |
Szenario A1)** |
25.000 |
90.000 |
90.000 |
25.000 |
Szenario A2)** |
115.000 |
0 |
0 |
115.000 |
Szenario B1)* |
57.000 |
57.000 |
57.000 |
57.000 |
Szenario B2)* |
115.000 |
0 |
0 |
115.000 |
)* modellhafte Abfallzusammensetzung nach stofflichen Kriterien („heizwertarm")
)** Abfallzusammensetzung gleich wie bei Status Quo („heizwertreich")
Szenario: |
KEA [GJ] |
THP [103 kg CO2-Äq.] |
Status Quo (A0) |
1.084.216 |
48.194 |
Szenario A1)** |
1.121.492 |
50.472 |
Szenario A2)** |
947.148 |
39.759 |
Szenario B1)* |
951.389 |
57.270 |
Szenario B2)* |
852.449 |
50.131 |
)* modellhafte Abfallzusammensetzung nach stofflichen Kriterien („heizwertarm")
)** Abfallzusammensetzung gleich wie bei Status Quo („heizwertreich")
Die Szenarien der A-Serie erzielen etwas höhere Primärenergiegutschriften als die B-Szenarien, was auf die unterschiedliche Zusammensetzung der hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle im Rahmen dieser Serien zurückzuführen ist. Das bessere Abschneiden der Serie A ist durch den höheren Anteil trockener, heizwertreicher Fraktionen im Abfallinput bedingt und somit als Teil der Rahmenbedingungen für die Szenarien vorgegeben.
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass sowohl bei der Abfallzusammensetzung nach dem Status Quo, als auch bei einer modellhaften Abfallzusammensetzung (B-Szenarien) die konsequente Ausrichtung der Sammlung auf die Behandlungserfordernisse die größten Vorteile (KEA und THP) bringt.
Handlungsempfehlungen
- Eine möglichst getrennte Erfassung homogener Abfälle (z.B. Altstoffe, produktionsspezifische sortenreine Abfälle) am Ort der Abfallentstehung (Abfallersterzeuger), muss auch im wirtschaftlichen Interesse der Betriebe liegen (insbesondere zur „rohstofflichen Abfallverwertung").
- Untersuchungen zur Menge und Zusammensetzung hausmüllähnlicher Gewerbeabfälle in der Steiermark (im Hinblick auf eine branchenbezogene Unterscheidung betrieblichen Restmülls gegenüber gemischter Siedlungsabfälle) sind als Grundlage für die Zuordnung der Abfälle zu bestimmten Behandlungsverfahren notwendig. Eine getrennte Sammlung hausmüllähnlicher Gewerbeabfälle („betrieblicher Restmüll") ist nur dann zu rechtfertigen, wenn die Zusammensetzung der Abfälle bekannt ist.
- Eine getrennte Sammlung und Behandlung von „betrieblichem Restmüll" mit unterschiedlichen Aufbereitungseigenschaften ist im Sinne einer zielorientierten Abfallwirtschaft zu bevorzugen. Trockene, heizwertreichere Abfälle sollten getrennt von kommunalem Restmüll gesammelt und in speziellen Aufbereitungsanlagen (Gewerbemüllsplittinganlagen) behandelt werden.
Für den Inhalt verantwortlich: Dipl.-Ing. Erich Gungl, Tel.Nr. +43 (0)316 / 877-4328.